In Sprache
- Samuel Tscharner
- 9. Feb.
- 2 Min. Lesezeit

In einen Sumpf des Seins hineingeboren,
wo Realitäten existieren, geschehen und verschmieren,
vage und unscharf, sind wir ausgeliefert und verloren.
Und so beginnen wir bald uns zu orientieren
Sinne ziehen erste Linien.
In Licht und Schatten erscheinen Farben
Sie meisseln Konturen, Objekte kreierend
Schall und Rauch, bilden Geräusche und Gerüche aus
Mischen sie in die Dinge, nun zu identifizieren
Auch bewegen wir uns, ertasten und spüren
Nehmen handelnd Ereignisse, Gegenstände wahr
Und wo einst nur Sumpf, Geschmier und Chaos
Erwächst ausgiebig und reich das Reich der Phänomena
In Sprache wird dies Reich gekleidet
Jedem Ding ein Name schnell verliehen
Begebenheiten und Beziehungen beschrieben
und durch Gewohnheiten, Regelmässig-, Möglichkeiten
reift alsbald die Gewissheit eines zarten Sinns
und so entfaltet sich unbemerkt und unsichtbar
das geistig fruchtbare Land der Noumena
das unsrer Lebenswelt unerschöpfliche Weite bereitet
so quillt eine Lebenswelt aus jedem Leben
durchtränkt es mit Inhalt, Bedeutung und Bezug
darauf navigieren wir, auf spiegelnden Flüssen und Meeren
und finden für menschliche Miseren und Glück wohl genug
Dennoch sind Gewässer für viele blosse Flächen
Zwar sind die Himmelrichtungen weit und offen
bieten alles, wovon so manche bangen, worauf manche hoffen
alles, was wir brauchen: Heimat, Sehnsucht, Trinken, Essen
doch Tiefen und Höhen bleiben vielen verborgen
Atlantis und Olymp unwesentlich? Vergessen?
Dies sind die Reiche, so wird gemunkelt,
wo der Schein des Sinns sich farbprächtig spiegelt
wo der Fluss der Lebenswelt sich um sich selbst dreht
sich anderen annähert, mit ihnen mischt und strudelt
wo von Zauberhand die Schönheit
wie Aphrodite daraus emporsteigt
wo die Fassungskraft des Geistes
versucht Grenzen zu überschreiten
um hinter Phänomenen,
Realitäten zu erkennen
Es sind Reiche von vielen unentdeckt,
das Reich der Wissenschaft, der Reflexion,
das Reich der Kultur und Kunst
das Reich des Transzendenten
In diesen Höhen und diesen Tiefen
möcht ich schweben, möcht ich sinken
möcht’ das alle Reiche auf mich wirken
möcht’ mit Geschichten, Gedichten und Philosophie
Lebenswelten und Lebenslagen
berühren, ergründen und verbinden
– bloss wie?
Einfach Denken und Fühlen in Sprache.